Swajambuh Lingam

Swajambuh Lingam

Swajambuh bedeutet, der aus sich selbst Existierende. Der Lingam, nach dem ursprünglichen Verständnis der Phallus Shivas tritt uns in dieser Geschichte als Kosmisches Urei gegenüber. Sie zeigt die Entwicklung einer Schöpfungslegende von ihrem Ursprung bis zur heutigen Form.

Die älteste Version aus der Zeit der Veden mit ihren arischen Göttern:
Am Anfang der Zeiten war der Milchozean und außer ihm war nichts. Da wuchs eine Lotosblüte (Symbol des Weiblichen und der Reinheit der Seele) aus seinen Tiefen hervor und öffnete sich rein und weiß an seiner Oberfläche. In ihrem Inneren saß Brahma und las aus den Veden (heilige Schrift der Arier) vor und alles was er las, wurde Realität.

Die zweite Version, unter Einfluß der Dravidas mit ihrem Gott Vishnu:
Am Anfang der Zeiten war der Milchozean, auf seinen Wassern ruhte Vishnu Narayan(Vishnu als Schöpfer)auf der Weltenschlange Ananta (Shesha, Unendlichkeit) und schlief. Während er träumte, stieg aus seinem Bauchnabel eine Lotosblüte auf und öffnete sich. Darin saß Brahma, las aus den Veden vor und alles was er las, wurde Realität.

Die dritte Variante unter Einfluß der dravidischen Frauen:
Am Anfang der Zeiten war der Milchozean. Auf seinen Wassern ruhte Vishnu auf der Weltenschlange und schlief. Zu seinen Füßen kniete Lakshmi (Göttin des Glücks, Gemahlin Vishnus) und gab ihm eine Fußreflexzonenmassage. Dadurch hatte er so schöne Träume, daß aus seinem Bauchnabel eine Lotosblüte stieg, in der Brahma saß, aus den Veden vorlas und alles, was er las, wurde Realität.

Die vierten Variante unter Einfluß der Shivaiten:
Am Anfang der Zeiten war der Milchozean. Auf seinen Wassern ruhte Vishnu auf der Weltenschlange und schlief. Während er träumte stieg aus seinem Bauchnabel eine Lotosblüte auf und öffnete sich. Darin saß Brahma, las aus den Veden vor und alles was er las, wurde Realität. Nach einiger Zeit erwachte Vishnu, öffnete seine Lotosaugen, erblickte Brahma und fragte verwundert: "Wer bist denn Du, mein Sohn?" Brahma war darüber sehr erbost."Wie kannst Du mich deinen Sohn nennen! Ich bin der Schöpfer, der aus sich selbst existierende, von Anbeginn! Du bist mein Sohn!" Die beiden begannen sich fürchterlich zu streiten. Mitten in ihrem Streit wurden sie plötzlich abgelenkt, denn sie sahen eine gewaltige Flammensäule in in Gestalt eines Lingam aus der Tiefe des Ozeans bis in den Himmel aufragen. Sie hielten inne und beschlossen ihren Streit durch einen Wettkampf zu schlichten. Brahma verwandelte sich in eine Wildgans, sein Symboltier und Vishnu in einen Eber, Varaha.(Dieser Aspekt Vishnus stammt aus Südindien, wo die Bauern Eber beim Wühlen beobachteten und annahmen, sie würden dadurch den Boden fruchtbar machen, weswegen sie einen eberköpfigen Lokalgott verehrten, der später im Vishnukult als Avatar aufging.) Brahma wollte die Spitze der Flammensäule erreichen und Vishnu das Fundament. Wer zuerst sein Ziel erreicht hätte und zum Ausgangspunkt zurückgekehrt wäre, hätte gewonnen. Brahma flog und flog, schien aber seinem Ziel nicht näher zu kommen. Da fiel aus aus unvorstellbaren Höhen eine Blume herab. Brahma fing sie auf, und kehrte um. Auch Vishnu war nicht in der Lage, sein Ziel zu erreichen. Er tauchte durch die Urwasser und wühlte sich in den Schlamm. Doch so sehr er auch grub, er konnte das untere Ende der Säule nicht erreichen. Schließlich kehrte auch er um. Als sie sich wieder trafen sagte Vishnu zu Brahma: "Wenn du das obere Ende der Säule erreicht hast, bist du größer als ich, denn ich konnte nicht bis zum unteren kommen." Als Brahma dies hörte, freute er sich und erwiderte Vishnu: "Siehst du, mein Sohn, das habe ich dir doch gleich gesagt. Ich war natürlich auf der Spitze der Säule und habe als Beweis diese Blüte(1) mitgebracht." In diesem Moment teilte sich die Flammensäule (die weder Anfang noch Ende hatte, sie war der Kreis der Unendlichkeit) in der Mitte und der Mahadeva (großer Gott, Shiva) trat daraus hervor.
Er sprach zu Brahma: "Du Brahma, der du mit Lügen meine wahre Größe verleumdet hast, sollst zur Strafe von den Menschen nicht mehr verehrt werden. Einen einzigen Tempel will ich dir lassen, in Pushkar."
Darauf wandte er sich an Vishnu: "Weil du wahres Zeugnis über meine Größe abgelegt und meine Unendlichkeit bezeugt hast, sollen überall, wo meine Tempel stehen, auch die deinen stehen und überall, wo man mich verehrt, sollst auch du verehrt werden wie mein Bruder".
Deshalb wird heute Brahma kaum noch verehrt und der Vishnukult ist neben dem Shivaismus am populärsten.
Die Flammensäule in dieser Legende wird als Swajambuh Lingam (Kosmisches Urei, aus sich selbstexistierend) verstanden.

Nun war die Schöpfungslegende eigentlich abgeschlossen, aber auch die Anhänger Ganeshas wollten für ihren Gott eine Platz darin. Um ihn ganz an die Spitze zu schmuggeln, erzählten sie einfach, die Veden(2), das Buch aus dem Brahma gelesen hatte, wären von Ganesha mit seinem Stoßzahn geschrieben worden, der ihm im Kampf mit einem Dämon(3) abgebrochen sei. Deshalb hat er in den Darstellungen meist einen ganzen und einen beschädigten Zahn.

Die Anhänger Shivas glauben, daß die Verehrung des Lingam sogar vor dem Tod retten könne wie folgende Legende belegt:
Ein Weiser, der sich sehnlichst Kinder von seiner Frau wünschte, aber keine bekommen konnte, wurde auf seine wiederholten Bitten hin von Shiva vor die Wahl gestellt, entweder einen nichtsnutzigen Sohn, der lange lebt, zu bekommen oder einen tugendhaften, der jedoch bereits vor seinem 17ten Geburtstag stirbt. Er wählte den tugendhaften und gab ihm den Namen Markandeya. Es war ein Musterknabe, fromm, tugendhaft, hilfsbereit, etc. Eines Tages hatte er am Strand einen Lingam aus Sand gebaut und verehrte ihn. Da trat der büffelköpfige Totengott Yama heran, warf ihm seine Schlinge über und wollte ihn mit sich ziehen. Der Verzweifelte klammerte sich jedoch an den Lingam und rief Shiva um Hilfe an. Der erschien, vertrieb Yama und erklärte Markandeya, daß er von nun an auf Grund seiner großen Hingabe an ihn ein Unsterblicher sei.


  1. Roter Hibiscus. Nach anderen Legenden tritt auch die Kuh der Fülle auf seine Bitte hin zusätzlich als Zeuge für ihn auf.
  2. Nach anderen das Mahabarata.
  3. Nach anderen beim Kampf mit Pashurama (Rama mit der Axt), einer Vishnuavatar, von diesem mit seinem Beil abgeschlagen.