Shiva & Parvati
Shiva ist wohl der interessanteste und vielfältigste männliche Gott Indiens. Er ist entstanden aus einer Verschmelzung des alten arischen Gottes Rudra (Brüller) und des dravidischen Herrn der Tiere und Yogis, der bereits in der Induskultur auf Rollsiegeln in Form eines Jogi mit Stierhörnern und eregiertem Phallus dargestellt wurde. Daran erinnert noch heute sein Reittier, der Nandibulle (männliche Potenz), und seine häufige symbolische Darstellung als Lingam (Phallus und kosmisches Urei). Seine Stierhörner auf dem Kopf sind inzwischen seitlich verrutscht und wurden zur Mondsichel, weswegen er auch die Funktion des alten Mondgottes Chandra übernommen hat, dem der Rauschtrank Soma zugeordnet war. Seine Tageszeit ist die Nacht, sein Metall ist das Silber.
Er hilft nicht bei der Erlangung von materiellen Reichtümern, sondern beim Streben nach Erkenntnis .
Da er von seinen Anhängern auch als Mahadeva (großer Gott) verehrt wird, ist er Schöpfer, Erhalter und Zerstörer zugleich, was sich in den drei Spitzen des ihm zugeordneten Dreizacks ausdrückt. Um all seine Aspekte abdecken zu können, hat er 108 verschiedene Namen und Ikonographien. In manchen erinnert er an den griechischen Gott Poseidon, mit dem er eine gemeinsame indogermanische Wurzel hat.
Er wird vom einfachen Volk als Bolenath (Herr der Armen/Unterdrückten) angebetet und trägt niemals eine Krone, sondern hat sein langes Haar in der Art der Asketen geflochten. Die indischen Anarchisten verehren ihn als Bairava, da er in dieser Form dem alten Schöpfergott und König der vedischen Götter, Brahma, mit einem Knüppel den fünften Kopf abgeschlagen hat.
Er ist der Herr der Yogis (Yogesvara) und in seiner Form als Nilakhanta für alle Arten von Drogen und Gift zuständig. Als liebender Gatte wird er oft gemeinsam mit seiner Frau Parvati dargestellt. In seiner Form als Ardhanarihsvara bildet er mit ihr sogar einen Körper (rechte Hälfte Shiva, linke Parvati). Wie beim Lingam drückt diese Form aus, daß das Schöpferische weder männlich noch weiblich sondern nur beides zugleich sein kann.
Die Vishnuiten haben, um Shiva für sich zu vereinnahmen, die heute seltene Form des Hari Hara entwickelt. In ihr wird der Ardhanarishvara übernommen, aber Parvati durch Vishnu ersetzt (alle Götter sind nur einer).
Die in Europa bekannteste Form Shivas ist Nataraja, der kosmische Tänzer.
Seine Gefährtin ist Parvati, die Tochter der Berge.
Auch sie beinhaltet alle Aspekte von Geburt bis Tod, und hat 108 Namen und Formen.
Am häufigsten wird sie in Indien als Amba (Mutter) und als Durga (Schützerin der Familien) verehrt.
Sie ist die einzige weibliche Gottheit, die ihren Gatten in manchen Formen an Macht übertrifft, was an der Anzahl der Arme erkennbar ist. Je mehr Arme, je mächtiger die Gottheit. Ihr Reittier ist der Löwe oder Tiger. Auch im Lingam, dem wichtigsten Symbol Shivas ist sie dargestellt. Sie bildet den unteren Teil, die Yoni, in der der eigentliche Lingam steckt.
Ihre in Europa bekannteste Form ist jedoch Kali, die zerstörende Göttin. Sie entstand durch die Verschmelzung der alten Muttergottheit der Induskultur mit lokalen Stammesgottheiten unter anderem auch von Kopfjägerkulturen, was man an ihrem Schädelkranz erkennen kann.
Als Söhne des göttlichen Paares gelten Ganesha, Kumara und Ayyapan. Der einzige gemeinsame Sohn, und auch da sind sich nicht alle einig, ist jedoch Kumara( Skanda, Kartikeya). Ganesha ist eher der Sohn Parvatis, Ayyapan der Shivas und Vishnus(siehe Mohini).
Als einzige Tochter Shivas gilt die Schlangengöttin Manasa Devi, die er mit einer sterblichen Frau zeugte und die vor allem in Südindien verehrt wird. Sie schützt vor Gift und gibt erwiesene Wohltaten vielfach zurück.